Die Idee ist derart simpel, dass sie schon fast betörend einfach ist: Klagt der Patient über Gelenkschmerzen, versuchen Mediziner Gelenkflüssigkeit zu injizieren, sodass der Wiederaufbau angeregt wird. Das Mittel, das im Rahmen einer "therapeutischen Reha" zum Einsatz kommt, nennt sich Hyaluronsäure. Die biotechnologische Hyaluronsäure ist vielen Menschen ein Begriff, wobei mitunter zuerst an die Bereiche der Schönheitsmedizin und in weiterer Folge an die Kosmetik gedacht werden. Doch Hyaluron ist heute auch ein fester Bestandteil in der Humanmedizin geworden. Orthopäden schwören auf die Behandlungsmethode, die zwar zu Beginn noch kritisiert wurde, nach zahlreichen Studien aber immer häufiger zur Anwendung gelangt. Auch wenn die Behandlungen zeitaufwendig sind und mitunter nicht von den gesetzlichen Krankenversicherungen bezahlt werden, entscheiden sich immer mehr Menschen für die Hyaluron Doppelspritze.
Der Hauptbestandteil der menschlichen Gelenkflüssigkeit ist Hyaluron. Hyaluronsäure ist ein zähflüssiges, fast schon gelartiges Material, das sich im Knorpel befindet und in weiterer Folge verhindert, dass die Knorpel aneinander reiben. Mit dem zunehmenden Lebensalter verändert sich das Gelenk; es wird jahrelang beansprucht, oft überansprucht und kann - auch durch Unfälle - in Mitleidenschaft gezogen werden. Doch das ist nicht das einzige Problem: Die Hyaluronsäure mag zwar ein Multitalent mit vielen Fähigkeiten sein, wird aber - und das ist der große Nachteil - nicht auf Dauer produziert. Mit der Zeit nimmt die körpereigene Produktion der Hyaluronsäure ab, sodass die Depots nicht mehr aufgefüllt werden. In weiterer Folge entstehen nicht nur Gelenkprobleme, sondern auch Falten, da die Haut gleichzeitig den größten Hyaluronanteil besitzt. Damit die Produktion von Hyaluron stimuliert wird bzw. die leeren Depots aufgefüllt werden, injizieren Mediziner immer wieder Hyaluronsäure in die betreffende Gelenkhöhle. So wird einerseits die Gleitfähigkeit des Gelenks verbessert, andererseits beginnt der Knorpel wieder mit der Produktion der Hyaluronsäure. Wer hingegen keine Probleme mit seinen Gelenken hat, kann - im Rahmen zahlreicher Hyaluron Behandlungen - den Falten den Kampf ansagen. Wird Hyaluron etwa über Kapseln aufgenommen, schlägt der Patient zwei Fliegen mit einer Klappe. Er unternimmt etwas gegen seine Falten und beugt etwaige Knorpelschäden vor.
Vor Jahren war die Behandlung noch umstritten. In vielen Fällen konnten nur Erfolge verbucht werden, wenn der Patient bereits nachweislich unter einer Arthrose litt. Des Weiteren half die Injektion nur für wenige Stunden; die ständige Wiederholung sorgte vor allem für Unmut bei den Patienten. Hyaluronsäure ist nicht nur teuer; so kosten Behandlungen, die mitunter fünf Injektionen beinhalten, zwischen 200 Euro und 350 Euro. Auch die Behandlung bzw. Injektion wird von vielen Patienten als schmerzhaft beschrieben. Kein Wunder, dass viele Patientin nicht erfreut sind, wenn sich die Verbesserung nicht sofort einstellt. Studien haben jedoch belegt, dass der Erfolg mitunter seine Zeit braucht, aber sehr wohl eintritt und Patienten oft sogar mehrere Monate schmerzfrei leben können.
Eine Behandlung mit Hyaluron ist ungefährlich. Nur in sehr seltenen Fällen können Infektionen eintreten; auch Hautreaktionen sind möglich. Besteht eine aktivierte Arthrose, kann im weiteren Verlauf eine Gelenksentzündung eintreten; in diesem Fall ist es wichtig, dass die Entzündung zuerst behandelt wird, bevor weitere Injektionen erfolgen.
Die sogenannte Doppelkammerspritze, die aus zwei verschiedenen Arten Hyaluron besteht, soll - im Rahmen neuartiger Behandlungen - nicht nur dem Gelenkverschleiß ein Ende setzen, sondern gleichzeitig auch bei Entzündungen im Gelenk helfen. Mediziner sind davon überzeugt, dass die Doppelspritze mitunter - wenn eine Behandlung rechtzeitig erfolgt - auch Operationen abwenden kann. Im Rahmen jener Behandlung setzen die Mediziner auf niedrigmolekulares Hyaluron in der Kammer 1 und auf hochmolekulares Hyaluron in der Kammer 2.
Arthrose ist nicht nur die bekannteste, sondern wohl auch häufigste Gelenkerkrankung, die im Laufe der Zeit auftreten kann. Dabei handelt es sich um die sogenannte Gelenkinnenhaut, die äußerst empfindlich ist. Die Gelenke sind von innen ausgekleidet, wobei - wenn eine Knorpelschädigung eintritt - die Haut ebenfalls beschädigt werden kann. Das Gewebe reagiert mit Entzündungsreaktionen; in weiterer Folge klagen die Betroffenen über die altbekannten Schmerzen, die im Rahmen einer Arthrose entstehen. In weiterer Folge kommt es zu einer vermehrten Ansammlung von Gelenkflüssigkeit, sodass ein Gelenkerguss möglich ist. Die Ansammlung der Gelenkflüssigkeit geht oft mit einer veränderten Zusammensetzung einher, sodass der Gehalt der Hyaluronsäure abnimmt. Eine Kettenreaktion, die dazu führt, dass die Gleitfähigkeit des Gelenks in Mitleidenschaft gezogen wird. Das Gelenk wird ab diesem Zeitpunkt nicht mehr richtig geschmiert; Schmerzen und Beschwerden entstehen. Des Weiteren treten Enzyme und Entzündungen im Gelenk auf, die den Körper angreifen und für weiteren Schaden sorgen.
Entscheidet sich der Mediziner für die Behandlung mittels Doppelspritze, injiziert er synthetisch hergestelltes Hyaluron. Dabei wird in weiterer Folge der Knorpel unterstützt, da wieder ein Gleichgewicht zwischen dem Abbau und Produktion des Hyalurons hergestellt wird. Die Gelenkflüssigkeit wird zähflüssiger und beginnt wieder mit ihrer schützenden Wirkung. Des Weiteren bildet sich eine neue Hyaluronschicht, die in weiterer Folge eine schützende Funktion übernimmt und den Knorpel vor weiteren Schäden bewahrt. Auch wenn der weitere Verschleiß nicht zu 100 Prozent verhindert werden kann, wird er deutlich reduziert. Die Gelenkbeweglichkeit wird erheblich besser; die Beschwerden und Schmerzen gehen ebenfalls zurück, sodass Betroffene mitunter komplett schmerzfrei werden.
Je nach Grad der Arthrose und Gelenk, entscheidet sich der Mediziner für drei bzw. fünf Injektionen mit hochkonzentriertem Hyaluron. Die Injektion erfolgt direkt in das betroffene Gelenk. Die Injektion sollte im wöchentlichen Abstand durchgeführt werden, sodass eine Behandlung zwischen drei und fünf Wochen dauert. Auch wenn der Körper die injizierte Hyaluronsäure mit der Zeit abbaut, haben Studienergebnisse gezeigt, dass sehr wohl eine längere Wirkung möglich ist, wenn mehrere Injektionen - über einen längeren Zeitraum - verabreicht wurden. Dies deshalb, da die Produktion der körpereigenen Hyaluronsäure angeregt wird. Liegen nur leichte Knorpelschäden vor, reicht oftmals eine einzige Behandlung (drei bis fünf Injektionen); bei stärkeren Schäden können mehrere Behandlungen zum Erfolg führen. Je nach Krankheitsverlauf, sind halbjährliche oder jährliche Behandlungen empfehlenswert.
In den letzten Jahren wurden vorwiegend medikamentöse und physikalische Behandlungen vorgeschlagen; erst seit geraumer Zeit steht Hyaluronsäure im Mittelpunkt. Dabei verwenden Mediziner vorwiegend die Doppelspritze und injizieren hoch- sowie niedrigmolekulare Hyaluronsäure. Zu Beginn gab es noch heftige Kritik an der neuen Behandlungsmethode, wobei mit der Zeit immer mehr Studien veröffentlicht wurden, die gezeigt haben, dass die Doppelspritze durchaus Erfolge bringen kann. Auch nationale sowie internationale Fachgesellschaften haben bereits die Doppelspritze in die Therapieempfehlung miteinbezogen.
Zuvor wird der Patient über den Status seiner Krankheit aufgeklärt; der Mediziner macht sich selbst ein Bild, wie stark die Beschwerden sind bzw. von welchem Arthrose-Grad die Rede ist. Entscheidet sich der Mediziner - nach gemeinsamer Absprache mit dem Patienten - für eine Behandlung mit der Hyaluronsäure, injiziert der Mediziner zuerst das entzündungshemmende Hyaluron aus der ersten Kammer der Doppelspritze. Dabei legt sich das Hyaluron, wie ein dünner Film, über die Innenhaut der Gelenke. So soll die Entzündung abklingen. Die Flüssigkeit kann aber auch die Enzyme hemmen, welche dafür verantwortlich sind, dass das Hyaluron abgebaut wird. Auch besteht die Möglichkeit, dass das Hyaluron aus der ersten Kammer dafür sorgt, dass die körpereigene Hyaluronproduktion angeregt wird. Danach injiziert der Mediziner das Hyaluron aus der zweiten Kammer. Das Hyaluron aus der zweiten Kammer verfügt über viele Moleküle, die sich in die Vertiefungen der kaputten Knorpel legen. So entsteht ein neuer Stoßdämpfer, der den Knochenspalt weitet und ausbaut. Das Gelenk hat nun wieder die Möglichkeit, etwaige Stöße zu puffern; auch ein reibungsloses Gleiten wird ermöglicht. So wird einerseits der weitere Abbau des Knorpels verhindert, andererseits können Schmerzen und Beschwerden gelindert werden.
Die Behandlung mit der Doppelspritze war lange Zeit umstritten, ist aber heute ein wesentlicher Bestandteil bei Arthrose geworden. Vor allem deshalb, weil Studien gezeigt haben, dass die Hyaluronsäure sehr wohl dafür sorgt, Schmerzen und Beschwerden zu lindern. Auch wenn die Behandlung durchaus schmerzhaft ist bzw. von vielen Patienten als schmerzhaft beschrieben wird, treten relativ bald Verbesserungen ein. Mitunter sind schmerzfreie Monate keine Seltenheit mehr. Jedoch sind mehrere Faktoren zu beachten; etwa, wie weit die Arthrose fortgeschritten ist und wie stark der Knorpel beschädigt wurde. Je früher die Behandlung erfolgt, desto besser sind die Erfolgsaussichten.